Letzte Woche habe ich was gemacht, mit dem ich schon lange geliebäugelt habe, von dem ich mir aber nicht sicher war, wie sinnvoll es wäre. Ich habe mir ein Babbel Complete Abo geschenkt. Das heißt, ich habe jetzt Zugriff auf deren gesamtes Lehrmaterial für alle Sprachen.
Zuletzt hatte ich ja mit Babbel Italienisch gelernt, habe aber eigentlich immer bedauert, daß ich Spanisch nicht weiterführen konnte. Das Materialangebot für Spanisch ist bei Babbel echt riesig – sehr viel größer als z.B. das für Italienisch oder Türkisch. Babbel ist ab der zweiten Lernsprache auch deutlich billiger im Komplettpaket. Nur: würde sich das echt lohnen? Da habe ich lange hin- und herüberlegt. Es ist ja nicht nur so, daß man die Zeit aufbringen muß, eine Sprache zu lernen, denn wenn man sie kann, will man sie ja (vermutlich) auch erhalten und das geht nur mit Übung und Exposition. Auch fragte ich mich, wie sinnvoll es ist, gleich mehrere Sprachen zu lernen, denn bei Spanisch war es so, daß ich mich ausschließlich auf diese Sprache konzentriert habe und damit echt sehr erfolgreich war. Wie viel kann ich lernen, wenn ich es nebenher mache? Ich glaube, die Antwort darauf habe ich diese Woche dann auch gleich bekommen, als ich das erste Mal nach bestimmt zweimonatiger Pause meine Italienischvokabeln bei Babbel wiederholte: 90% sind hängen geblieben. Nicht übel, denke ich.
Außerdem sind etwa 3 € pro Monat mehr für elf weitere Sprachen nun kein Riesenbatzen Geld. Und welchen Anspruch habe ich eigentlich? Bei Spanisch war schnell klar, daß ich es wirklich fließend sprechen möchte, aber bei Türkisch hat es mir genügt, mal reinzuschnuppern, und bei Italienisch ist das so ein bißchen in der Schwebe. Wenn mein Anspruch also nicht ist, daß ich alles fließend beherrschen muß, was Babbel anbietet, dann kann ich mich da einfach wie an einem All You Can Eat Buffet fühlen: ich picke mir raus, was mir gefällt, und den Rest lasse ich einfach weg. Ich habe ja keinen Druck, etwas lernen zu müssen (obwohl es extrem verführerisch aussieht, dieses Grammatik-Buffet^^).
Ich glaube, daß ich mir dieses Geschenk gemacht habe, hat auch mit einer anderen Sachen zu tun. Bei mir wird gerade die offizielle Asperger-Diagnose gemacht und in diesem Prozeß komme ich zu einer mitfühlenderen Haltung mir selbst gegenüber. Ich habe immer gedacht, es wäre gut, wenn ich mich eben NICHT auf ein Spezialinteresse fokussiere, bis dann halt Spanisch in mein Leben kam und ich merkte, daß mich das völlig absorbiert. Als Aspie ist es aber völlig normal und ok, solche Spezialinteressen zu haben, und es ist ok, wenn man sich komplett in Grammatik verlieren kann, auch wenn andere bei dem Thema abschnarchen. Vielleicht war das Babbel Complete auch sowas wie ein empowerndes Geschenk für mich selbst. Meine Erlaubnis an mich selbst, ein schrulliger Grammatikfreak zu sein. Ich meine, ich habe eine Familie, und die sorgt schon dafür, daß ich nicht 18 Stunden am Tag pauke 🙂
Seit Freitag lerne ich jetzt also Norwegisch und bisher LIEBE ich diese Sprache ♥ Es gibt keinen Grund dafür, sie zu lernen. Ich will nicht auswandern, ich habe nicht einmal geplant, in Norwegen Urlaub zu machen. Aber sie fühlt sich ähnlich gut an wie Spanisch. Sie fühlt sich tatsächlich gut an, auf einer körperlichen und geistigen Ebene. Im Mund ist Norwegisch gar nicht so anders als Deutsch, und erinnert mich an klares Wasser und Moos und Steine (Spanisch erinnert mich im Mund an Wüstenwind, scharfe Paprika und das Knistern von Papier). Dazu kommt, daß rund 25% des norwegischen Wortkorpus‘ von deutschen Muttersprachlern recht intuitiv verstanden werden, was das Lernen angenehm macht. Ein bißchen wie Synapsen kitzeln, die lange keinen neuen Input bekommen haben.
Ich bin jetzt gerade sehr glücklich mit der Entscheidung, Italienisch lückenhaft zu belassen (bis ich mal wieder Lust habe, da weiterzumachen) und mich Norwegisch zuzuwenden.